Carl Schuricht

1933–1935

Carl Schuricht, 1880 in Danzig als Sohn eines Orgelbauers und einer Oratoriensängerin geboren, studierte Klavier bei Ernst Rudorff und Komposition bei Heinrich van Eyken am Stern’schen Konservatorium in Berlin sowie bei Max Reger am Königlichen Konservatorium in Leipzig.

Im Jahr 1909 wurde er Nachfolger von Siegfried Ochs als Chorleiter des Rühl’schen Oratorienvereins in Frankfurt am Main. Danach bekleidete Schuricht unter anderem das Amt des Chefdirigenten des Leipziger Rundfunkchores und war von 1912 bis 1944 Generalmusikdirektor in Wiesbaden.

Zunächst kommissarisch übernahm Carl Schuricht im Mai 1933 als Nachfolger und auf Vorschlag des aufgrund der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierten Otto Klemperer die Leitung des Philharmonischen Chores Berlin. Weil der Chor, dessen tragender Kern aus gebildetem jüdischen Bürgertum bestand, eine schnelle Beendigung der Regierung Hitlers und damit eine rasche Rückkehr Klemperers erwartete und erhoffte, wurde die Bestellung Schurichts als Interimslösung gesehen. Doch der fortschreitende Antijudaismus verstärkte den Druck auf den Philharmonischen Chor Berlin und dessen künstlerischen Leiter in finanzieller, künstlerischer und ethischer Sicht.

Diese Situation, aber auch die etwas glücklose Hand Schurichts bei den Aufführungen mit dem Philharmonischen Chor Berlin führten zur Beendingung des Amtes bereits 1935. Auch wenn Schuricht nicht offen gegen die Nationalsozialisten agierte, unterwarf er sich nicht eilfertig deren Richtlinien, sondern brachte auch Werke von Mendelssohn-Bartholdy, Strawinsky und Prokofjew zur Aufführung. Auch trennte er sich nicht von seiner jüdischen Frau.

1944 zog Schuricht in die Schweiz und arbeitete danach unter anderem mit dem Orchestre de la Suisse Romande, beim Luzern Festival und bei den Salzburger Festspielen. Er starb im Januar 1967 in der Schweiz.